In der Gestaltung ist das, was man weglässt, oft genauso wichtig wie das, was man zeigt. Und doch hält sich der Gedanke hartnäckig: Da ist doch noch Platz – kann da nicht noch was hin?

Weißraum – oder fachlich: negativer Raum – ist kein leerer Raum. Es ist bewusst gesetzte Ruhe. Es ist der Moment zwischen zwei Aussagen, der dafür sorgt, dass beide überhaupt gehört werden können. In der Musik nennt man das Pause. Im Design ist es Konzentration.

Ich erlebe das immer wieder, vor allem bei klassischen Printprodukten wie Broschüren oder Imagekatalogen. Die natürliche Reaktion ist oft: Da müssen noch mehr Informationen drauf – damit’s sich lohnt. Doch Design lohnt sich nicht durch Dichte, sondern durch Wirkung. Und die entsteht nicht durch ein Zuviel, sondern durch ein klug gesetztes Weniger.

Ein Beispiel: Bei der Neugestaltung der Unternehmensbroschüre der Seghorn GmbH war genau das ein Thema. Das Unternehmen wünschte sich etwas Hochwertiges – etwas, das Substanz ausstrahlt. Aber mit zu vielen Elementen auf einer Seite verliert selbst das beste Papier an Wirkung. Wir haben uns bewusst für großzügige Layouts entschieden – Raum für Text, Raum für Luft, Raum für Blickführung. Am Ende war es genau diese Zurückhaltung, die Professionalität ausstrahlte. Nicht durch Lautstärke, sondern durch Klarheit.

Weißraum ist kein Zeichen von Ideenlosigkeit. Im Gegenteil: Wer sich traut, Flächen unbespielt zu lassen, hat verstanden, dass Gestaltung auch Vertrauen ist. Vertrauen darauf, dass das Wesentliche wirken darf. Dass der Leser sich orientieren kann. Dass ein guter Gedanke auch mal Platz braucht, um zu atmen.

Gerade im digitalen Raum wird das Prinzip noch wichtiger. In Zeiten von Informationsflut ist Ruhe ein echtes Qualitätsmerkmal. Ein gutes UX-Design führt – aber es drängt sich nicht auf. Es lässt den Nutzer denken, statt ihn zu erschlagen.

Weißraum ist nie leer. Er ist das, was alles andere erst verständlich macht.